Puno – 49. Tag
Am naechsten Morgen riss uns das Telefon aus den letzten verschlafenen Minuten, in denen angezogen, fertig gepackt und Zaehne geputzt wurde, unser Taxi wartete, um uns zum Busbahnhof zu bringen. In den Busbahnhoefen hier muss man immer eine Art Ausreisesteuer entrichten. An diesem Morgen wand sich die Schlange bis aus dem Bahnhof heraus und waehrend ich mich anstellte, besorgte Steffi unser Wegproviant. Die Israelinnen trafen wir zum dritten Mal wieder und wir litten schon ein wenig unter Verfolgungswahn, auch die Freundlichkeit nahm nicht wirklich zu, man begnuegte sich mit einem Kopfnicken, zumindest bot ich ihnen an, sich zu mir in die Schlange zu stellen, denn innerhalb von ein paar Minuten war sie noch deutlich laenger geworden. Wir hatten dann im Bus die besten Plaetze – oben und direkt ganz vorn, das war fuer die Aussicht und meine Beine ein kompletter Luxus. Wir fuhren durch karge Landschaften, kleine Doerfer, in welchen die bevorstehenden Wahlen nur allzu deutlich zu sehen waren, indem ueber fast jedem Haus eine Fahne in der Farbe der Wunschpartei wehte. Die Armut der Doerfer war hervorstechend – einfache Lehmhuetten, staubige, ungepflasterte Strassen, Muell am Strassenrand, welcher ab und zu von kleinen, alten Frauen auf Brauchbares untersucht wurde und in jeder Strasse tollten mindestens 5 Hunde miteinander herum, einer dreckiger und zersauster als der andere. Auf den sandigen Ebenen, welche mit kleinen Grasbueschel und Kakteen ueberzogen waren, grasten wilde Alpaka- und Lamaherden waehrend sich die Strasse wie ein gerade Linie durch die Landschaft zog und am Horizont verschwand. Der Himmel formte riesige Schaefchenwolken, welche oft von den Sonnenstrahlen durchbrochen wurden. Ich genoss die Fahrt sehr, auch wenn unser Bus fast von einer Schnecke ueberholt wurde, so kroch er die Berge hoch. Wir erreichten Puno am fruehen Nachmittag und wir waren beide entsetzt ueber die Armut und die Haesslichkeit dieser Stadt, gerade da es sich um einen Touristenort handelt – die Randbezirke profitieren davon definitiv nicht, die Haeuser bestehen in roten Backsteinkloetzen mit leeren, schwarzen Fenstern, die wie blinde Augen auf die Strassen starren. Doch das Leben pulsiert in diesen – Maerkte auf der Strasse und dazwischen Massen an Fahrradtaxis. Fuer den spaeten Nachmittag buchten wir dann unsere Tour zu den schwimmenden Schilfinseln der Uros (bzw. dessen Nachfahren) auf dem Titicacasee, dem hoechsten beschiffbaren See mit ueber 3.800 Metern. Das Wetter spielte nicht so wirklich mit, aber wir hatten auch keine richtige Wahl, den am naechsten Tag ging es schon wieder zur naechsten Station. Unter grauen Regenwolken fuhren wir zum Hafen und bestiegen unser „“Touriboot““. Zum Anfang dachte ich schon: „“Oje, das wird ja was, voll die Touritour, vollbepackt und immer steht jeder jedem im Weg.““ Ich mein, am Ende war es das auch, aber die Inseln waren umwerfend, sowas konnte ich mir nicht vorstellen, geschweige denn habe ich so etwas in der Art jemals gesehen. Die Inseln sind komplett aus Schilf gebaut, ebenso wie die Haeuser die darauf stehen oder die Boote, die davor liegen. Wir hielten dann auf eine Insel zu, stiegen aus und wurden von Frauen in bunt-grellen Gewaendern begruesst. Dann gab es eine kleine Einfuehrung zur Kultur der Uros und der Bauweise der Inseln. Diese werden mit Hilfe der schichtweisen Aufhaeufung des Totora-Schilfs hergestellt, welches dann in einzelnen Bloecken zusammengebracht und verankert wird, so dass am Ende eine komplette Insel aus Schilf besteht. Faszinierend war auch, wie eine Pflanze, in dem Falle Schilf fuer unterschiedliche Verwendungszwecke benutzt wird: Der Hauptteil fuer den Bau der Insel und der Haeuser, die Blueten fuer Tee und Medizin, die Wurzel zum Essen. Insgesamt liegen dort 56 Inseln, die verschiedenen Familien gehoeren. Frueher benutzten die Urus vor allem, um sich vor kriegerischen Gruppen in Sicherheit zu bringen, in dem sie die Verankerung loesten und auf den See hinaus trieben. Natuerlich gab es danach Verkaufsstaende zu besichtigen, aber der Vortrag und Art und Weise der Leute war so herzlich, witzig und freundlich, dass es nicht negativ wirkte oder man sich unwohl fuehlte. Zu den Frauen gehoerte auch ein kleiner Junge, der mich sofort bei der Hand ergriff und herumfuehrte und zwischen seinen kleinen Zahnluecken zu mir empor strahlte. Die Zugabe dieses einmaligen Erlebnisses bestand darin, dass der Himmel aufriss und wir einen rotgefaerbten Himmel hatten, welcher die Inseln in ein warmes Licht tauchte und die Stimmung traumhaft erschienen liess. Nach dem was ich gehoert habe, leben auch eigentlich fast gar keine Familien wirklich mehr auf der Insel und es ist hauptsaechlich ein Ort fuer Touristen, trotz allem hatten die kleinen Inseln mit den runden Spitzhuetten ihren eigenen Charme, ein Ueberbleibsel einer vergangenen Zeit. Durch die Wasserstrasse fuhren wir anschliessend wieder zurueck, waehrend im Hintergrund die Blitze durch die Wolken zuckten.
Auf der Suche nach einem guenstigen Restaurant in der Touristenmeile wurden wir erst in einer kleinen Seitengasse fuendig – ein gemuetliches Haus, mit Steinofen im Untergeschoss und sehr leckerem Essen. Am Besten kommt man in den Restaurants meist mit den Menues – man bekommt eine Vorspeise, einen Hauptgang und ein Dessert, wobei man oft jeweils eine Auswahl an vier oder fuenf verschiedenen Gerichten hat. Muede fielen wir abends ins Bett, denn auch am naechsten Tag hiess es wieder zeitig aufstehen, denn wir hatten uns entschieden 2 Tage nach La Paz (Bolivien) zu fahren. Steffi wollte ihr Visum verlaengern und ich hatte nichts gegen einen weiteren Stempel und von der Stadt hatte ich bis jetzt nur das Beste gehoert. 🙂