Quito – 1. Tag

Hallo ihr Lieben,
wieder auf Reisen, wieder unterwegs und gut am gefuehlten anderen Ende der Welt gelandet. Langsam sortiert sich alles im Kopf und die letzten Synapsen verknuepfen sich – ich bin hier fuer die naechsten 2 Monate, um Ecuador und Peru zu bereisen und im besten Fall, ein bisschen Spanisch zu sprechen, wenn ich wieder zu Hause lande!!
Wer mich die letzten Tage erlebt hat, glaubte weder, dass ich wirklich abfliege, denn im Kopf war ich nicht bereit und schon gar nicht eingestimmt, noch dass es jetzt soweit ist – die Impfungen, Besorgungen, Hostelreservierungen wurden auf den letzten Druecker erledigt und selbst beim Packen stellte sich kein Gefuehl der Notwendigkeit ein. Ich wollte einfach nicht weg. Warum? Darauf habe ich bis jetzt keine Antwort gefunden, vielleicht liegt die letzte Reise zu weit weg, der unbekannte Kontinent, das letzte halbe Jahr oder der Marienkaefer auf der Schulter… Doch der Flug war gebucht und so stand ich mit Mutti und Onkel Peter auf dem Flughafen und los ging es mit einer Menge riesiger Niederlaender nach Amsterdam (ich stelle die These auf, dass Niederlaender mit die groessten Menschen auf diesem Planeten sind – natuerlich nicht alle). Alles verlief relativ problemlos, die hellblauen Maschinen auf dem weitlaeufigen Amsterdamer Flughafen warteten auf Passagiere in der untergehenden Sonne. Menschen ueber Menschen gesellten sich zu den bereits Wartenden und irgendwann hiess es check-in! Im uebrigen ist mir das erste Mal bei einem Flug das 2-Klassen-System bei den Fluegen aufgefallen, lag wahrscheinlich daran, dass wir in der ersten Reihe dahinter sassen, die aber selbstverstaendlich mit einem Vorhang abgeschirmt war – eher in der Schlange, besser vor allen anderen Hundert aus der Economy-Class. Der Flieger hatte ziemliche Probleme mit der Klimaanlage, bevor es losging, waehrend ich halb hyperventilierte wie viele andere auch, wurden vorn Getraenke gereicht, auch die Freundlichkeit der Stewardessen nahm mit Uebertreten der magischen, unsichtbaren Linie merklich ab. Verstaerkt wurde der Eindruck durch die offensichtliche Anwesenheit ich tippe auf niederlaendischer Prominenz. Da war das Laecheln an den Ohren festgeklammert und staendig war eine Stewardess besorgter als die andere – aeussert amuesant zu beobachten. Aber wie in einem darauffolgenden Gespraech darueber festgestellt – die Leute bezahlen auch einfach mehr, das aendert jedoch nichts am Gesamteindruck. Auf dem Flug hatte ich wahnsinnig nette Sitznachbarn, ein Maedchen aus Ecuador, die gerade von einem internationalen Jugendkongress in der Tuerkei zurueck kam und eine aeltere Senorita aus Quito, mit der die Verstaendigung leider etwas problematisch lief. Waehrend des Fluges wurde ich allerdings schon ein wenig in der spanischen Sprache unterrichtet und eine Einladung wurde auch direkt ausgesprochen, die ich hoechstwahrscheinlich auch annehmen werde. Geplant sind ein paar Tage in Riobamba bei Veronica, um die Stadt und die Umgebung zu erkunden sowie Reggaeton auf der Tanzflaeche zu zelebrieren. Anstrengend waren am Ende nur die zusaetzlichen 2 Zwischenstopps, wo wir auch immer noch eine Stunde warten mussten bis es dann endlich Richtung Quito ging. Der Ausblick bei der Landung war unbeschreiblich schoen – die Anden in den Strahlen der aufgehenden Sonne lassen einen den Atem anhalten und dann die Stadt – wie sanft in eine Wiege gelegt und so weitlaeufig, dass man irgendwann nur noch weisse und farbige Haeuser umgeben von Bergen sehen konnte. Ein weiterer Atemstillstand war garantiert als mein Rucksack dann endlich als letztes Gepaeckstueck das Band verliess – naja, einer muss ja immer der letzte sein, aber auf die unterschiedlichen Gefuehlslagen und im Kopf zusammengebauten Notfallplaenen haette ich verzichten koennen. Doch dann klappte alles problemlos – Margarita, die Schwester von Maria Teresa (der Frau von Papas Freund) wartete mit meinem Namensschildchen zwischen Hundert anderen Menschen, die eine Masse aus bunten Kleidern, Luftballons, Blumen und Schildern bildeten. Der erste Eindruck von Quito auf dem Weg zum Hostel war eher trist. Da gerade ein Feiertag war und frueh morgens befanden sich kaum Menschen auf der Strasse, alles wirkte verlassen. Selbst die Fenster strahlten eine Leere aus – dunkele Augen, die uns auf der Fahrt begleiteten. Allerdings wandelte sich das Bild etwas als wir am grossen Carolina-Park vorbei fuhren – sportbegeisterte Ecudorianer, die sich bunt ueber die Tennis- und Fussballplaetze bewegten. Fuer den Abend verabredet verliess mich Margarita an meinem Hostel, welches eine bunte, gruen-bepflanzte Oase ist. Witzigerweise kamen kurz vor uns andere Passagiere aus meinem Flugzeug an – eine oesterreichische Gruppe, die hier die Vier- und Fuenftausender bezwingen wollen. Da wir sowieso warten mussten bis unsere Zimmer frei wurden, genossen wir ein entspanntes Fruehstueck auf der Dachterasse von der man einen wundervollen Ausblick auf die Altstadt und die Jungfrau Quitos, die auf einem Huegel mitten in der Stadt steht, hat. Den restlichen Tag verbrachte ich dann damit, Plaene fuer die naechsten Tage und Wochen aufzustellen. Dank dem Lonely Planet bekam ich Lust auf mehr und sind meine Tage jetzt doch gut gefuellt mit Programm wie Reittouren um den Vulkan Cotopaxi (dem zweithoechsten Berg Ecuadors), den Kunsthandwerks-Wochenmarkt in Otavalo (Anfang September ist hier auch Festivalzeit), der Besuch der Hemisphaerengrenze Mitad del Mundo, hoffentlich einem Sprachkurs, Besuch von Thermalquellen, alten Staedten im Kolonialstil, Zug- und Busfahrten u.A. die Nariz del Diablo (Teufelsnase) herunter und, und, und. Leider musste ich von dem Plan verabschieden, die Galapagos-Inseln zu besuchen, denn das ist geldlich nicht einmal im Ansatz moeglich. Aber aufgrund der Erhaltung der Artenvielfalt auf den Inseln, wie sie schon Darwin entdeckte, ist es schon ganz gut, dass man kraeftig in die Tasche greifen muss, um den Massentourismus fern zu halten, Touren kosten insgesamt um die 1.000 Euro und da wird noch von den guenstigeren gesprochen. Nach sehr netten Gespraechen am Abendbrottisch hat mich Margarita mit ihrer Familie wieder abgeholt. Wir fuhren in die Altstadt und jetzt war ich entgueltig begeistert. Kleine koloniale Haeuser mit Stukverzierungen und schmiedeeisernen Balkonen die enge Kopfsteinpflastergassen umschliessen. Dazu sind alle Kirchen, Kathedralen und Basilika in farbenpraechtige Lichter getaucht und vielleicht gibt es heut abend noch einmal die Gelegenheit, in die Stadt zu gehen, um ein paar Fotos davon zu machen. Nach der kleinen Rundfahrt schlenderten wir noch durch die Stadt, wobei das Leben pulsierte in Form von einer Ska-Band, die mit Trompeten und Saxophon die Strasse zum Beben brachten, Kleinkuenstlern, die mit Kontaktbaellen und kleinen Spaessen, die man ganz ohne Worte versteht, die Zuschauer begeisterten, Familien, die mit ihren kleinen Kindern zu der Musik durch die Strassen ziehen sowie Akkordeon und Panfloete-Spielern, welche in den Bars die Gaeste unterhalten. Es war ganz wunderbar und Margarita sowie ihr Sohn Alvarro waren begeistert dabei, mir typische Speisen und Getraenke sowie Laeden und Besonderheiten zu zeigen. Ein rundum schoener Abend, an dem ich mich geborgen gefuehlt habe und Quito von einer weiteren Seite kennengelernt habe.
Die Nacht war dann leider wenig erbaulich, als meine 5 Mitbewohner um drei Uhr im volltrunkenen Zustand ins Zimmer plautzten, ich eine halbe Stunde im grellen Licht gelegen habe und am Ende feststellte, dass ich mich erkaeltet habe, denn die Temperaturen hier sind empfindlich kalt. Somit ist heute meine Mission, Ingwer zu finden und gleich geht es los, um die Altstadt mit all ihren Sehenswuerdigkeiten bei Tag zu erkunden, die Sonntagsmesse zu besuchen und die Sonnenstrahlen zu geniessen.
Seid ganz lieb gegruesst, in Gedanken bei euch, eure Jule

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