Otavalo / Quito – 8./9. Tag

Samstag frueh sind wir wieder zu viert (Tammo, Patrick, Bine und ich) nach Otavalo gefahren, eine kleine Stadt noerdlich von Quito, wo der beruehmte Samstagsmarkt statt findet. Frueh um 7 ging es los, erst mit dem Taxi, dann mit dem Bus Richtung Norden durch die Anden. Als wir 2 Stunden spaeter angekommen sind, ging es dann recht zuegig durch den Markt Richtung Schlemmermeile. Der Markt ist gigantisch und ich behaupte, man kann dort alles finden. Alle grossen Plaetze und kleinen Gassen sind gepflastert mit Staenden oder einfach nur Decken, auf denen alles angeboten wird, was das Herz begehrt. Neben einem Haufen KrimsKrams von Hello Ketty ueber Barbiesachen bis zu Radioantennen, sind besonders die handgefertigten Ponchos, Pullover, Socken, Handschuhe etc. aus Schaf- oder Alpakawolle zu nennen sowie die vielen kleinen Figuren, Masken und der schoene Schmuck, den ich schon auf dem Markt in Quito bewundern konnte. Trotz allem ist der Markt nicht ueberrannt und auch die Touristenstroeme halten sich in Grenzen. Es war grandios durch die bunten Staende zu laufen, ueberall sieht man Familien, kleine Kinder die neben ihren Muettern an den Staenden spielen oder in Decken durch die Gegend getragen werden. Ueberall sieht man Frauen und Maennern in ihren traditionellen Trachten, die Huehner an den Beinen zusammengebunden mit dem Kopf nach unten oder in grossen Saecken schleppen. Manchmal hoert man nur ein lauten Fiepen, wenn wieder eine kleine Frau mit ihren grossen Taschen vorbei zieht und man weiss, dass sich in diesen Taschen kleine Kueken befinden. Auf einem Platz befindet sich dann eine riesige Halle, in der kleine Kuechen abgeteilt sind und durch eine Luke an jeder Seite zum Gang offen sind, an diesen kann man Platz nehmen und aus grossen Toepfen bekommt man Reis mit Gemuese und Fleich serviert. Ich holte mir noch einen frischgepressten Saft und waehrend man isst, kann man sich kaum satt sehen an dem bunten Treiben in den Gaengen. Da laeuft ein altes Ehepaar aufeinandergestuetzt vorbei, die Hunde versuchen unter die Baenke zu kriechen, um die runterfallenden Essenreste abzupassen, ein kleines Maedchen sitzt mit ihrer Oma auf der anderen Seite und laesst sich Suppe in dem Mund schieben, laufen Frauen mit schweren Lasten auf dem Kopf oder dem Ruecken vorbei… Es ist traumhaft. Doch wir hatten noch nicht den Hauptteil gesehen, wo ganze Schweine gegrillt auf Platten haengen, Fleisch zugeschnitten wird und riesige Pfannen voll Gekochtem darauf warten, gegessen zu werden. Wieder draussen verlieben wir uns in Erdbeerspiesse mit dicker Schokoladenkruste herum, inmitten der ganzen Obst- und Gemuesestaende, die sich aussen um die Halle herum ziehen. Es duftet nach Kraeutern und Gewuerzen. Wir machen uns auf den Weg zum Viehmarkt, der nicht schwer zu finden ist, da sich die Anzahl der Frauen haeufen, welche uns mit Huehner-Buendeln entgegen kommen. Allerdings hat sich der Markt schon fast aufgeloest. Vereinzelt stehen noch kleine Staende mit Kaefigen voller Kueken, Kaninchen, Huehnern, Katzen, Meerschweinchen und angepflockten Schweinen. Als wir auf den Markt treten, versammelt sich eine Menge um eine Frau, die einen grossen Sack in den Haenden haelt, aus dem sie ein grosses Meerschweinchen zieht und es von Interessenten pruefen laesst 🙁 Auch die Katzen, die in den Kaefigen uebereinander liegen, ergeben kein sehr schoens Bild. Im Hintergrund rennt ein Bauer grad einer Kuh hinterher, die sich losgerissen hat, waehrend ein kleines Maedchen mit einem Kalb spazieren geht. Hier gewinnt die Bedeutung des Tiers als Nutztier noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Nachdem mein letztes Bild des Tiermarktes darin bestand, dass sich eine Frau auf ein totes Meerschweinchen setzte ging es wieder zurueck Richtung Hauptmarkt. Wir holten uns leckeren Marmorkuchen von der Baeckerei (ich sogar noch einmal Nachschlag) und dann machte ich mich auf die Suche nach einem Kaffee, waehrend die anderen im Park warteten. Es wurde fast zu einer Endlossuche ohne viele Aussichten auf Erfolg, nach zahllosen Shops, Cafes und Baeckern fand ich immer mit einer vagen Richtungsvorgabe einen Laden, welcher nicht nur Kaffee in Rohform verkaufte, sondern auch gebrueht, zum Mitnehmen. Und es war endlich mal ein Kaffee, der wirklich gut schmeckte, denn sonst findet man hier meist Instant-Kaffee, der gar nicht schmeckt und wenn dann eher nach getragenen Socken (zumindest wie ich mir den Geschmack solcher vorstellen wuerde ;)) Danach wanderten wir ueber den Markt, die Jungs probierten mehr oder weniger erfolgreich Jacken und Pullover an, ich kaufte ein paar dicke, warme Socken und es folgte mancher Spass beim Anprobieren und Verhandeln. Dann wurde es fuer mich schon wieder Zeit zurueck zu fahren. Fuer die anderen drei ging es heute weiter nach Kolumbien. Ich fand auch recht schnell wieder zu dem Ort zurueck, wo wir ausgestiegen sind, nur leider passierte es, dass ich in den vorbei fahrenden Bus nach Quito nicht einsteigen konnte. Der Fahrer zeigte nur nach draussen auf einen kleinen Streifen ueber der Tuer, der soviel bedeutete wie: aus Sicherheitsgruenden wird waehrend der Fahrt nicht aufgemacht. Dann fragte ich eine junge Familie, die neben mir stand, doch so sehr reichte mein Spanisch dann doch nicht aus. Sie winkten zumindest ploetzlich ein Taxi heran und bedeuteten mir mit einzusteigen. So richtig wusste ich gar nicht, wohin es jetzt eigentlich ging, aber ich dachte mir, dass schon nix passieren wird. Die beiden gaben sowieso ein eher untypisches Bild ab, in Deutschland wuerde ich sie als kleine Metal-Rockerfamilie beschreiben, mit schwarzen Klamotten, einem Pullover von Sepultura, zerrissenen Jeans und Piercings. Wir landeten dann bei einer Bushaltestelle ausserhalb und siehe da, hier hielt der Bus wieder. Langsam ging es zurueck, was hauptsaechlich daran lag, dass bei der Fahrt ueber die Berge Stau war, denn ansonsten hatte der Busfahrer einen mehr als zuegigen Fahrstil und manch waghalsiges Ueberholmanoever in Kurven in petto. Nicht sehr beruhigend, denn auf dem Hinweg passierten wir einen grossen Truck, der in einen Graben gerutscht ist. Etwas mulmig wurde mir dann allerdings, als die Fahrt kein Ende nahm, Leute stiegen aus, ich hatte keine Uhr, um eine ungefaehre Vorstellung zu haben, wo wir sein koennten, mir kam auch nichts wirklich bekannt vor und weiter, weiter ging es. Ich zweifelte schon daran, ob wir ueberhaupt noch irgendwo ankommen und wo, zumal es auch langsam daemmerig wurde. Wir erreichten dann jedoch irgendwann einen Busbahnhof und auch ein Bus fuhr gluecklicherweise in mein Viertel. Doch wie gross war die Ueberraschung als ich feststellte, dass ich wirklich viel zu lange im Bus gesessen habe (naemlich fast eine Stunde). Eigentlich liegt Otavalo im Norden, als wir Richtung Stadt kamen, merkte ich allerdings, dass ich irgendwo im Sueden raus gekommen bin, sprich einmal an der ganzen Stadt vorbei. Doch langsam war ich schon recht fertig, der Bus fing an mich zu nerven, da wir gar nicht voran kamen und ich immer noch nicht so recht wusste, wo ich jetzt eigentlich raus komme. Aber alles lief gut, die Kinder in der Reihe vor mir hoben meine Laune gewaltig – sie sind hier einfach zu suess, seufz!! einpacken und mitnehmen 🙂 Und als dann aus dem Radio auch noch Moskau, Moskau ertoente, musste ich doch ziemlich schmunzeln. Ich erreichte dann auch muede und gluecklich das Hostel. Doch der Tag sollte noch nicht zu Ende sein – bei weitem nicht. Einer der Helfer im Hostel hatte seinen letzten Abend, also wollten alle tanzen gehen. Ich war zwar hundemuede, aber wer nichts macht, erlebt auch nichts 🙂 Also legte ich mich noch einmal hin und dann ging es mit Dominik und Georgie in die Stadt, die anderen sind schon vorgegangen. Es war so lustig und ich hatte selten so einen tollen, lustigen Tanzabend. Erst waren wir in einem Club mit Reggae, RnB und Elekro, wir tanzten so viel und so lange, bis auch der letzte schwitzte. Ich war zwar nur mit Englaendern, Amis und Australiern unterwegs, aber die Verstaendigung klappt immer besser und langsam hab ich mich auch wieder an die einzelnen Dialekte gewoehnt. Wir hatten soviel Spass und alberten herum wie 16-Jaehrige. Danach ging es durch die belebten Strassen Mariscals bis wir noch in einer Bar landeten. Frueh um drei dann endlich im Bett, ein wundervoller Tag mit wundervollen Menschen!
Von den grossen Plaenen heute wurde dann natuerlich gar nichs mehr weiter. Ich schlich frueh morgens bis Mittag hier herum, schrieb den Blog, Mails und plante meine weitere Reise durch Ecuador. Jetzt ist auch wirklich jeder Tag verplant und ich hab das Gefuehl, es ist ueberhaupt nicht mehr genug Zeit. Aber nachmittags verschlug es mich dann doch noch einmal in die Altstadt. Ich besuchte noch eine Kirche, die fuer meinen Geschmack aber einfach zu viel war – Figuren, Gemaelde, Verzierungen und ein riesiger goldener Altar mit gefuehlten hundert verschiedenen Elementen, die nicht wirklich ein harmonisches Bild bildeten. Dann ging es durch die Strassen zurueck zum Plaza Grande. Die Strassen verdeutlichen immer aufs Neue, welchen enormen Stellenwert hier die Familie bildet – ueberall sieht man junge Familien und Kinder. Auf dem Plaza Grande gab es auch wieder einige Strassenkuenstler zu beobachten, besonders beeindruckend ist ein junger Mann, der jeden Tag Airbrush-Bilder herstellt. Ich hatte mir das noch nie so genau angesehen. Es ist einfach ueberwaeltigend, was er mit ein paar Farbdosen aufs Blatt zaubert, enorm!
Jetzt bin ich wieder im Hostel, es ist gleich 9 Uhr und ich mein Bauch erfreut sich an dem leckeren Abendessen (wie jedes Mal ein kulinarischer Genuss) Nur leider wartet dafuer jetzt auch die Rechnung, die bezahlt werden muss und die ist doch etwas hoeher, aber dafuer hatte ich einen entspannten Einstieg und eine tolle Zeit hier. Morgen geht es nach Cotopaxi. Ich halte euch auf dem laufenden. Lasst es euch gut gehen. Vorerst das letzte Mal aus Quito, eure Jule!!

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