Bagan – Stadt der 1000 Pagoden
Die Ankunft zu nachtschlafender Zeit war unschoen, wie meistens, sofort waren wir belagert von Pferde-Rikscha-Fahrern, die typisch sind fuer das Vorankommen in Bagan. Wir paar wenigen Traveller scharrten uns zusammen, diskutierten – wie, wohin, laufen oder Rikscha. Es zog ich, alle waren uebermuedet und schlussendlich gingen Kristin und ich einfach vor, verhandelten einen Preis und trabten Richtung Hotel, was wir fuer die naechste Nacht reserviert hatten. Der Empfang im Hotel frueh morgens war brummig, wir durften unsere Rucksaecke da lassen, aber dann gleich wieder verschwinden, denn unser Zimmer war erst mittags fertig – sei es Morgenmuffligkeit oder Zufall, aber die einzige Erfahrung mit unfreundlichen Burmesen, war morgens in Hotels, nachdem Nachtbusse zu Tiefschlafphasen ankommen muessen.
Diesmal stoerte uns das jedoch nicht, denn die Pagoden- und Tempellandschaft Bagans ist beruehmt fuer seine wunderschoenden Sonnenauf- und -untergaenge. So behielten wir gleich unser Pferdetaxi und zuckelten zu viert (Kristin und ich in einem Wagen, Hendrik und Ayleen, eine Englaenderin aus dem Bus, in einem zweiten, durch die Dunkelheit Richtung Pagoden. Vom Fahrer mit einer Taschenlampe versehen erklommen wir eine Pagode in Pyramidenform mit Stufen, die scheinbar fuer Riesen angelegt wurden, auf deren oberster Plattform sich schon mehrere Touristen eingefunden hatten. Wie die Huehner auf der Stange balancierten wir uns um einander und warteten in der Kaelte auf die ersten waermenden Sonnenstrahlen. Was wir zuerst von der Umgebung wahrnahmen, waren die drei erleuchtete Tempel, die skurril durch die Dunkelheit strahlten. Langsam lichtete sich der Himmel und es offenbahrte sich ein unglaublicher Anblick. Wie aus dem Nichts erschienen hunderte grosser und kleiner Pagoden wie durch Geisterhand erschaffen – spektakulaer trifft es am Ehesten. Als dann auch noch mit dem Erwachen der Sonne acht Heissluftballons in den Himmel stiegen und um die Spitzen der Pagoden flogen, war die Kulisse perfekt.
Langsam loesten wir uns von dem Bild und stiegen wieder herab, um uns ein paar der Pagoden anzuschauen. Das fuer mich besonders Schoene war die Natuerlichkeit der Spitzen, die in den Himmel ragen – anders als die goldenen Pagoden in den meisten Staedten waren diese aus roten Steinen gemauert. Wir fuhren durch Old Bagan, vorbei an vielen kleinen und grossen Exemplaren, welche auf der gleichen Strecke ein paar Stunden zuvor in kompletter Dunkelheit nicht zu existieren schienen. Wir hielten jedoch zuerst in einem Restaurant und bestellten Myanmar-style Fruehstueck. Die Nudeln, die nicht schlecht aussahen, entpuppten sich nach einem Bissen als so ungeniessbar, dass wir sie rueckwendend zurueckgaben, zwar mit einem schlechten Gewissen, aber der Geschmack verdarb mir seitdem merklich die Lust auf Experimente und ueberhaupt auf die burmesische Kueche, die schon etwas gewoehnungsbeduerftig ist.
Das kleine Highlight des Morgens war eine Kolonne junger Moenche, die der Groesse nach in Reihe ploetzlich vor dem Restaurant auftauchten. Als alle standen und auch der Kleinste aufgeschlossen hatte, ging der aelteste Moench vorn in der Reihe los, mit seiner grossen Schuessel und liess sich von der Restaurantbesitzerin Reis in eben diese fuellen. Es folgten alle anderen, bis auch der letzte mit Reis versorgt war. Dann setzte sich der Zug wieder in Bewegung und es ging zum naechsten Restaurant, um ihr Fruehstueck als Spende zu erhalten. Dies zeigt, wie verwurzelt die Moenche und damit auch die Religion innerhalb der Gesellschaft sind. Denn aehnliches konnten wir auch in der Grossstaedten beobachten. Die Tempel in hellem Stein, teilweise mit verwitterten dunkelgrauen Ecken, erwarteten uns wieder mit vielen Buddhastatuen – teils riesige goldene, teils aus Stein herausgearbeitete – allwissend und guetig herunterblickend auf das Treiben der Betenden und fotographierenden Touristen.
Doch die Nacht foderte langsam ihren Tribut – nach dem dritten Temple hielten wir uns kaum noch auf den Beinen und es wurde Zeit fuer die Fahrt zurueck zur Stadt, denn es war bereits nach Mittag und die Sonne brannte vom Himmel. Wir fielen in die Betten und schliefen bis abends durch. Da uns auch noch er naechste Tag blieb, verschoben wir weiteres Sightseeing, verkruemelten uns in ein Restaurant mit unglaublich netten Kellnern. Einer philosophierte sofort begeistert ueber Fussballergebnisse deutscher Vereine, als er hoerte, wo wir her kamen. Fussball wird hier eh sehr gross geschrieben, ueberall sieht man Kinder spielen und auf fast jedem Fernseher laeuft immer irgendein Fussballspiel der europaeischen Clubs.
Muede verschwanden wir in den Betten. Fuer den naechsten Tag klinkte ich mich aus. Die anderen planten eine Radtour durch das riesige Areal mit den unzaehligen Pagoden. Doch ich brauchte mal eine Auszeit, nachdem wir fast nonstop nur unterwegs waren bis hierher. Ausserdem lehrten mich meine Raderfahrungen in Asien bei unglaublich heissen Temperaturen, dass das nichts fuer mich ist.
Somit verbrachte ich den naechsten Tag entspannt. Erst abends nahm ich mir noch einmal allein eine Pferdekutsche. Ich fuhr in den abendlichen Sonnenstrahlen zu einem Hindutempel und plauschte mit den Verkaeufern vor Ort. Anschliessend ging es durch das kleine Dorf, vorbei an einem Ochsenkarren mit einem halben Kindergarten auf der Ladeflaeche und an weiteren Pagoden bis wir den Platz erreichten, von dem man den Sonnenuntergang beobachten konnte. In Gemeinschaft mit den anderen Touris beobachteten wir das Schauspiel der langsam herabsinkenden, glutroten Sonne. Bei weitem interessanter waren die Postkartenkinder, die lachend versuchten ihre wertvollen Stuecke unter die, auf einem Fleck versammelte, Kundschaft zu bringen. Ein wirklich wundervoller Tag, an dem der Stress der letzten Tage ein Stueck weit aufweichte und verschwand.