Machu Picchu – 55. Tag

Das Aufstehen früh um fünf fiel mir dann doch sehr schwer und ich kämpfte mich im zeitlupentempo aus dem Bett. Dann befand ich mich auf dem Weg durch das verschlafene Agua Calientes den Berg hinunter zum Busbahnhof. Der Weg den steilen Berg hinauf in Zick-Zack-Linien war ein unbeschreibliches Erlebnis, denn während unserer 20-minütigen Anfahrt ging hinter den Bergen die Sonne auf. Das Licht brach sich in den niedrig hängenden weißen Dunstschwaden und ich konnte mir in diesem keinen schöneren Ort vorstellen, wo ich im Moment hätte sein wollen. Auch der Andrang früh morgens hielt sich in den Grenzen, so dass ich die ersten anderthalb Stunden Zeit hatte, die Anlage für mich zu entdecken – der erste Blick auf diese kleine Stadt, die auf einem Plateau in mitten von Bergen liegt, ließ mich den Atem anhalten, besonders das weiche Morgenlicht brachte noch einmal eine ganz besondere Stimmung. Nachdem ich zuerst eine kleine Aussichtsplattform erklommen habe, ging es danach wieder runter zu den Ruinen, die allerdings alle in einem makellosen Zustand sind. Zwischen den Mauerresten und den einzelnen Räumen stolzierten Lamas anmutig einher, mit den lustigen Plüschbommeln an den Ohren. Ich hielt immer einen großen Sicherheitsabstand, trotzdem setzte ich mich auf ihre Fährte, denn mit ihnen war das Bild perfekt. Anschließend eilte ich über die Terrassen zurück zum Eingang, denn unsere Tour sollte halb 8 starten. Jetzt war von der idyllischen Ruhe auch das letzte bisschen verschwunden. Gruppen von Touristen überfluteten die Wege. Ich fand dann auch meine Gruppe, die den lustigen Cosmos trug, zwischenzeitlich warteten wir dann noch auf Gruppe Washington und es entbrannte ein heilloses Durcheinander, mitten drin noch die Wanderer des Inka-Trails, die mit ihren Rucksäcken und Wanderstöcken aus der anderen Richtung auftauchten. Nach einer gefühlten Stunde war dann die Gruppe komplett und wir folten dem roten Fähnchen durch die Anlage. Unser Guide war wunderbar, er erzählte mit viel Witz und Humor Anekdoten und Geschichten rund um die Anlage. So lernten wir, dass niemand eigentlich den ursprünglichen Namen der Anlage weiß und dass sie eher durch Zufall Anfang des 20. Jh gefunden wurde. Aus Ratlosigkeit gaben sie ihr dann den Namen des höchsten umliegenden Berges – Machu Picchu. Dieser ist allerdings nicht der so bekannte Postkartenberg im Hintergrund der Anlage, sondern befindet sich genau auf der gegenüberliegenden Seite, genau in der Richtung von der auch die Bewanderer des Inka-Trails durch das Tor der Sonne in die Stadt kommen. Über die Terrassen wandern wir zu den Häusern und lernen viel über die einzelnen Funktionen der Gäste- und Herrschaftshäuser, der Tempel, der Schulen und des Astronomieturms. Die Schulen waren meist die zentralen Gebäude, da sehr viel Wert darauf gelegt wurde, dass das Wissen erhalten und weitergegeben wurde, auch lernten wir, dass das Zusammenleben äußerst harmonisch und solidarisch geregelt war. Was aus den Inkas geworden ist, die hier lebten, ist bis heute unklar – Legenden behaupten, dass sie im Dschungel in der goldenen Stadt leben, am Ende bekamen wir auch das Geheimnis des Aufenthaltsortes verraten 😉 eine Angabe von 6 Tagen Marsch und eine vage Richtung, allerdings die 6 Tage Marsch im „“inka-style““, was für uns wohl 2 Wochen bedeutet. Beeindruckend waren wie bereits bei allen Anlagen zuvor, die Verwendung von Mythen und Symbolen in der Architektur, gerade im Astronomieturm konnte viel derlei beobachtet werden, z.B. befindet sich dort ein Stein, der genau die Form und Ausrichtung des Kreuzes des Südens widerspiegelt. Nach 3 Stunden hatten wir unsere Führung geschafft und ich hatte auch genug, denn die einmalige Ruhe zum Genießen hatte ich am Morgen und die geballten Informationen bei der Führung. Ich ging dann mit einem Mädchen, das ich in der Gruppe kennengelernt hatte zurück den Berg hinunter nach Agua Calientes… Der Weg war länger als ich ihn vom Morgen in Erinnerung hatte, auf großen ausgetretenen Stufen hüpften wir Richtung Tal, unten fühlten sich meine Beine dann an wie Wackelpudding. Wir liefen an dem Flusslauf entlang bis in die Stadt, genehmigten uns ein großartiges Essen, auch wenn die Preise hier einem etwas den Atem verschlagen, besonders da mein Budget eh jetzt für die letzten Tage nur noch sehr knapp kalkuliert war. Ich erkundigte mich noch in meinem Hostel, ob ich nicht vielleicht schon eher zurück könnte, aber da führte kein Weg vorbei, mein Ticket hatte ich auch noch nicht, aber wird schon alles gut gehen, dachte ich mir und verschwand dann am Ende des Ortes in den heißen Quellen, die sich direkt neben einem kleien Gebirgsbach befinden. Es war auch recht angenehm, aber gegen Ende gab es dann kaum noch einen Platz in den Becken ohne sich nicht an irgendwelchen Körpern entlang schieben zu müssen – Zeit zum Aufbruch und in der Abenddämmerung ging es den kleinen Weg am Bach zurück, der bestückt war mit kleinen Laternen. Jetzt ging meine Odyssee allerdings erst richtig los. Im Hostel traf ich die beiden Irinnen, die eigentlich auch mit dem 7 Uhr Zug fahren sollten (so wie ich), ihr Ticket, was sie sich eben selbst holen mussten lautete allerdings auf 10 Uhr. Und der Witz war, mein Ticket war immer noch nicht da. Ich diskutierte dann ewig mit der Frau aus dem Hostel, mit dem Resultat, dass ich meins auch allein holen musste in einem Restaurant, was im Stadtzentrum den Berg runter lag. Um jedoch Komplikationen zu vermeiden, fragte ich sie noch extra, ob sie bitte anrufen könnte, um zu fragen, ob alles mit der Zeit in Ordnung wäre. Antwort: Ja, alles bestens. So schulterte ich meinen kleinen Rucksack und 10 Minuten später stand ich in besagtem Restaurant mit einem Ticket in der Hand, was auf 5 Uhr lautete – ich konnte es nicht glauben!! Zu der Zeit, wo ich eigentlich lieber gefahren wäre, die jetzt aber dummerweise schon vorbei war. Es wurde mit dem Hostel hin und her telefoniert (der Zug fuhr in einer halben Stunde) und es hieß, ja, sie kommt runter und klärt das dann. Nach weiteren 10 Minuten stand ich immer noch im Restaurant – allein. Also rannte ich diesen verdammten Berg wieder hinauf, um verschwitzt und hechelnd festzustellen, dass die gute Frau sich keinen Milimeter bewegt hatte. Zumindest telefonierte sie, ich bekam den Hörer in die Hand gedrückt und eine Frau erzählte mir: „“Rennen sie jetzt sofort zum Bahnhof, ändern sie das Ticket, ein Bus wird dann auf sie warten, um mich weiter nach Cusco zu bringen.““ Ich also wieder runter und wie oft habe ich in Peru schon diese stoische Beamtenmanier kennengelernt – alles geht nach Vorschrift und bitte auch ja nicht zu schnell. Der Wachmann sagte mir, dass um 5 Uhr bereits vorbei ist – nein wirklich???? Die Frau am Schalter sagte mir dann, dass ich ein neues Ticket kaufen muss, so viel Geld hätte ich gar nicht mehr gehabt, am Ende bekam ich allerdings einen Tausch, ohne überhaupt etwas zu bezahlen! Ein Glück. Allerdings wurde mir beim Überreichen des Tickets dann noch gesagt, dass ich aber eine halbe Stunde eher da sein müsste. Häh? Der Zug fuhr in 5 Minuten, aber das merkte sie dann selbst und lächelte schief. Ausgepowert und gestresst ließ ich mich auf den Sitz plumpsen. Doch die Fahrt wurde grandios. Um mich herum drei Schulkinder, die mich mit Fragen bombadierten und am Ende spielten wir noch „“Mensch-ärger-dich-nicht““, wirklich total goldig alle drei. Dann erreichten wir Ollantaytambo, aber natürlich fand ich meinen Namen auf keiner Liste und der Bus, in dem die Personen saßen, die ich schon von meinen vorherigen Ausflügen kannte, war voll. Zum Glück war ich nicht die einzige und nachdem eine viertel Stunde rumdiskutiert wurde, konnten wir in einem anderen Bus mitfahren. Müde und kaputt fiel ich in Cusco in mein Bett, doch trotz der stressigen Heimreise kam ich an und die schönen Erinnerungen an Machu Picchu, die verlassene Inkastadt hoch oben im Dschungel bleiben.

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