Lima – 57.-61. Tag

Wie bereits geschrieben verwarf ich meinen Plan, doch noch einmal an den Strand zu fahren, nachdem ich am Sonntag nach einer 26-Stunden-Fahrt ohne Schlaf in Lima angekommen bin. Die Vorstellung abends wieder in einen Bus zu steigen, um noch einmal 12 Stunden Richtung Norden zu fahren, verschreckte mich mit Blick auf meine Ringe unter den Augen und der Unfähigkeit, diese überhaupt noch aufhalten zu können. Somit blieb nur, die nächsten 4 Tage in Lima zu bleiben und der Gedanke hörte sich zu Beginn gar nicht verlockend an, was zu tun in der großen Stadt? Doch es wurden dann wunderschöne Tage, an denen ich noch einmal viele nette Menschen kennengelernt und andere wiedergetroffen habe. Zuerst ging es zu Steffi, doch da ich ja nun fast 3 Stunden eher angekommen bin, fand ich sie noch im Bett vor, wohin es mich auch zog. Die ersten 2 Tage wollte ich noch im Hostel wohnen und später dann zu ihr umziehen. So ging es also gleich weiter – ich kannte mich ja jetzt aus. Dann hieß es erst einmal schlafen und nochmal schlafen! Die nächsten beiden Tage waren dann fürs Berichte schreiben reserviert, es folgte ein lustiger letzter Abend im Hostel mit meinen neuen Bekannten Christina, Christine und Leslie, an dem viel gelacht, diskutiert, getrunken und Billard gespielt wurde. Auch die Tischtennisplatte auf der Dachterrasse wurde unsicher gemacht und der Peruaner, der im Hostel arbeitet, musste sich zähneknirschend geschlagen geben, ich glaub, das kratzte ganz schön am Männerego 😉 Wir hatten wirklich eine Menge Spaß und viele Geschichten begeisterten die muntere Hörerschaft.

Am vorletzten Tag traf ich mich morgens mit Tammo – Erinnerung: der Deutsche, den ich die ersten Tage in Quito getroffen hatte. Zuerst ging es zum großen Klamottenmarkt, der sich über 2 Etagen zieht und wo man wohl alles, was zur Zeit IN ist kaufen kann. Allerdings fanden wir nicht so viel und ich hatte ja eh kaum noch Geld bei mir. Danach lernte ich dann auch endlich noch die Altstadt kennen, die ich ja beim ersten Mal nicht gesehen hatte, da ich auf halbem Weg wieder umgekehrt bin. Wir schlenderten an engen Gassen mit wunderschönen Kolonialbauten vorbei sowie an Regierungsgebäuden, die herrschaftlich in weiß ganze Straßenzüge einnahmen bis hin zum Plaza de Armas, der in Pracht und Gloria jeden bisher gesehenen überstrahlte. Unser Ziel war dann die Kirche San Francisco, bei der Tammo meinte, dass ich mir diese unbedingt anschauen müsse. Erst hatte ich gar keine richtige Lust mehr auf Sightseeing, ließ mich dann aber überreden und siehe da – es folgte ein großartiges Erlebnis. Am meisten beeindruckte mich die alte Bibliothek, welche in einem langen Raum untergebracht war. Alte, vergilbte und 1.000 Mal in der Hand gehabte Bücher stapelten sich an den langen Wänden entlang in Bücherreihen, welche sich bis zur Decke erstreckten. Oben ging dann noch eine Galerie entlang, die man über eine kleine gewundene Treppe erreichte. Zwischen den Reihen voller Bücher standen alte Lese- und Schreibpulte aus dunklem Holz mit wunderschönen Schnitzereien. Auch das Chorgestühl mit dem Blick von oben in den Kirchraum hinterließ ein wunderbar beruhigendes Gefühl, welches sich innerlich ausbreitete und ein Hauch von Historie spüren ließ. Zum Abschluss der Führung stand der Besuch der Katakomben, mit etwas über tausend Skelettknochen in einem unterirdischen Labyrinth, an, das unheimliche Gefühl gelangte an ihren Höhepunkt, als wir plötzlich unter dem Kirchraum standen und durch ein Gitter nach oben schauen konnten. Tammo wartete geduldig und dann ging es auf schnellstem Weg zurück nach Miraflores, denn mit dem Wiedersehenstreffen war es am heutigen Tage noch nicht zu Ende. Wir trafen noch Nienke und Marleen, die ich auch aus Quito kannte. Mit dem von Steffi angepriesenen Saft einer Saftbar ging es gemeinsam zum Inka-Markt. Wir schlenderten durch die Gänge, allerdings kam die Auswahl nicht im Ansatz an die der unzähligen Stände in den Straßen La Paz‘ heran. Doch wir hatten unseren Spaß und langsam brach die Nacht heran. Mit Nienke und Marleen ging es noch zu einem gemeinsamen Kaffee, wo wir unsere Erlebnisse der letzten Wochen austauschten und ich war super froh, dass es noch so spontan mit den jeweiligen Treffen geklappt hatte. Den krönenden Abschluss bildete dann das Abendessen mit Steffi in einer Pizzeria, wo einzig der Wein einer Beanstandung bedarf – mit roter Säure lässt er sich am ehesten beschreiben 😉

Und dann brach auch schon der letzte Tag an. Noch einmal schnell ins Hostel zur Verabschiedungsrunde, eine Stunde auf der Bank, um noch ein bisschen Geld für den Flughafen zu bekommen und der größte Bananensplit in Miraflores‘ großem Einkaufscenter direkt am Meer, gekrönt mit dem besten Espresso in den vergangenen 2 Monaten, den ich je gegessen habe. Es waren sehr schöne letzte Stunden, die Steffi und ich auch noch einmal in vollen Zügen genossen, denn die Zeit zwischen Abschied und nächstem Wiedersehen wird diesmal viel länger sein, als beim letzten Mal. Wer mich kennt, den wird es nicht verwundern, dass der Abschied nicht ganz stressfrei verlief, denn natürlich wollte ich noch ein paar Postkarten einschmeißen, doch leider fehlte die Zeit und die Frau am Schalter versetzte mich mit ihrer „ich-schlaf-gleich-ein-bei-der-Arbeit“-Attitüde in rasende Ungeduld, denn das Taxi wartete und das Flugzeug auch. Mit wehenden Fahnen ging es zurück, eine letzte Umarmung und dann ab Richtung Flughafen. Bei der Taxifahrt konnte ich dann noch einmal alle Spanisch-Kenntnisse in Anwendung bringen, die ich mir mühsam zusammenerarbeitet hatte und es funktionierte – ein kleines Erfolgserlebnis. Da ich euch jetzt schreibe, verlief der Flug ohne Probleme und im Sonnenschein über weißen Schäfchenwolken und dann mit einem wunderbaren Blick auf das herbstliche Berlin in der untergehenden Sonne landete ich in Berlin, um meine geliebten Eltern wieder in die Arme schließen zu können.

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