Krakau 29.08.
Am nächsten Morgen wurde ich vom Klappern in der Küche geweckt, wo Papa schon fleißig am Frühstück vorbereiten bastelte. Halb 9 war er schon 4 Mal draußen gewesen, um einzukaufen, Brötchen zu holen und die vergessene Kaffeesahne sowie den bevorzugten Tee nachzukaufen. Als ich dann auch endlich aus dem Bett gekrochen bin, stand alles für ein gemeinsames Frühstück plus Frühstücksei bereit – traumhaft 🙂
Leider meinte es das Wetter heut gar nicht gut mit uns und es schüttete ohne Hoffnung auf ein baldiges Aufhören. So gingen wir mit Regenschirm und Regenjacken bewaffnet Richtung Stadt, aber so machte auch der Bummel über den Markt weniger Spaß als bei strahlendem Sonnenschein. Die Händler deckten ihre Waren mit Plastikfolien ab und so konnte man nur erahnen, welche handwerklichen Schätze hier zu finden wären – Schnitzereien, Töpferkunst und Blumenstände ohne Ende mit wohldrappierten Sträußen und Gestecken. Wir flüchteten dann relativ schnell in die Marienkirche. Hier öffnet sich mittags um 12 der riesige Altar mit seinen berühmten Schnitzereien. Aber wie das abläuft – naja, über die Schönheit dessen kann man streiten. Die Touristen werden gegen eine kleine „“Spende““ in den vorderen abgeriegelten Teil getrieben. Von andächtiger Stille keine Spur. Auf französisch, deutsch und englisch wird von allen Seiten lautstark durch die einzelnen Reisegruppenführer erklärt und erzählt. Eine kurze Ruhepause tritt während der Öffnung des Altars durch eine Nonne begleitet von Musik ein und danach beginnt der Wortschwall von Neuem – 2 Minuten gucken, dann springen alle auf und quetschen sich durch den kleinen Ausgang, um das nächste Highlight zu begaffen. Ob man nun katholisch bzw. gläubig ist oder nicht, aber so sollte es in einer Kirche nun wirklich nicht ablaufen. Hinzu kommt das wilde Geknipse und der umher schleichende Aufseher, der jedem auf die Finger haut, der unerlaubt Fotos macht, sprich nicht den orangenen Aufkleber vorweisen kann. Da schüttelt man nur den Kopf. Vor der Kirche geht es gleich weiter. Denn zu jeder vollen Stunde steht hier auf dem Kirchturm ein Trompeter – als Andenken an die Erstürmung Krakaus durch die Tataren und die Heldentat des Trompeters, der zur Warnung der Bevölkerung spielte und dabei von einem feindlichen Pfeil in der Kehle getroffen wurde. Ebenso abrupt wie damals hört auch heute zu jeder vollen Stunde der Trompeter auf zu spielen. Da es weiterhin regnete ging es durch die Tuchmacherhallen, die auf der Mitte des Hauptplatzes stehen, in ein Café. Kuchen und Kaffee wurde verzehrt, Papa flüchtete zu den Wurstständen mit den berühmten Krakauern, doch bei dem genannten Preis schüttelte auch er jetzt nur den Kopf und machte der Verkäuferin deutlich, was er davon hält – auf deutsch. Es ist fraglich, ob sie es verstanden hat, für uns war es auf alle Fälle sehr amüsant 😉
Anschließend ging es Richtung Markt – hach, wie auf den asiatischen Märkten, ich fühlte mich sofort pudelwohl. Da gibt es Gemüse und der Duft frischer Pilze steigt einem in die Nase, Blumen, Käse, Fleisch und ein Haufen Kleinkram, der dann wiederum eher an die polnischen Märkte, die man aus Bad Muskau kennt, erinnert. Auf einer kleinen Mauer mittendrin sitzt eine alte Frau und strickt Pantoffeln, ein Opa steht gekrümmt in der Ecke und hält mir einen selbstgeflückten, kleinen Blumenstrauß mit seinen rauen Arbeiterhänden entgegen, für 1 Euro. Das Herz weint. So vergeht die Zeit wie im Flug und ich musste mich auf den Weg machen, um Markus vom Flughafen abzuholen, denn er sollte die kleine Gruppe noch komplettieren.
Auf dem Busbahnhof musste ich mich erstmal durchwurschteln, doch dann stand ich an der richtigen Stelle, der Bus hatte Verspätung – aber kein Problem, ich hab Zeit. Dann kam er um die Ecke, ich steige ein und drücke ihm mein 100 Zloty-Schein in die Hand. Er schüttelt nur den Kopf – ja das kann doch jetzt wohl nicht wahr sein. Der Bus fährt eine Stunde, ich habe noch eine Stunde und der nächste Bus kommt auch erst in einer Stunde. Panisch stürze ich zurück zum Dönerstand, wo mir die gute Frau schon vorher behilflich war, um das Geld zu wechseln. Da sehe ich den Bus losrollen. Der Kopf schwirrt – was zu tun. Da sagt sie mir glücklicherweise, dass um die Ecke wohl noch einer warten müsste. Und glücklicherweise ist dem auch so. Ich plumpse zufrieden in den Sitz, zuckele durch die Stadt und über die Dörfer und pünktlich sitze ich in der Ankunftshalle. Das Wiedersehen ist groß und freudig und ab gehts – das mit den Bussen ist ja jetzt schon ausgecheckt 🙂 Plappernd und Neuigkeiten austauschend vergeht die Zeit wie im Flug und schon sind wir wieder in der Stadt und auf dem Weg, den wir schon am vorherigen Tag gegangen sind, zur Unterkunft. Meine Eltern stehen schon gestriegelt abgehbereit, während ich am liebsten nur ins Bett fallen möchte. Aber nichts da. Auf zum nächsten köstlichen Abendessen – wohlig und angenehm vergeht die Zeit. Eigentlich will ich immer noch sofort ins Bett, aber auf dem Weg liegt noch die Jazzbar – na gut, schnell noch. Wir sitzen kaum, da werden wir schon von der Seite angesprochen. Aus kurz wird lang, denn wir treffen auf Levi, Magda und Chris – 2 Amerikaner, in Deutschland lebend, und eine Polin. Levi ist gerade aus Deutschland nach Krakau gezogen, der Grund ist Magda. Chris ist weiterhin in Deutschland, im Schwabenlande – aus einer fast reinen Militär-Familie auch in Deutschland für die Armee tätig. Der Abend ist amüsant, viele Geschichten wechseln zwischen den Gesprächspartnern, Witze werden aus einem Kauderwelsch von Deutsch und Englisch zum Besten gegeben – alle lachen, die Musik ist leider nur hintergründig. Trotzdem verleihen die Jazzklänge dem Ganzen einen sehr angenehmen Rahmen. Allerdings ist für mich das Bett am Ende ein reiner Wohlgenuss.